Kaum angekommen, heißt es "Tschüss" - ich fahre nach Santa Cruz

Das Zimmer ist dunkel, sein Fenster geht zum Treppenhaus hinaus. Wenn ich mich nicht zur Besichtigung freigeben möchte, muß ich die Vorhänge zu ziehen. Das mag ich überhaupt nicht. Da helfen nicht einmal die wandfüllenden Malereien im ganzen Haus. Nicht einmal der Ofen im Frühstücksraum kann mich überzeugen, noch eine Nacht hier zu verbringen. Meine gesundheitlichen Schwierigkeiten sind nur nicht zu spüren, wenn ich liege. Also, nichts wie weg.

 

Zum Hostel gehört, als weitere Einnahmequelle, ein Reisebüro mit einer Ein - Mann - Besetzung. Weil ich den guten Mann für einen Moment von seiner Langeweile befreien will, befrage ich ihn nach den Möglichkeiten, nach Santa Cruz zu fahren. Mein neuer Freund kommt in Wallung, Computer auf, die richtigen Eingaben gemacht und schon wissen wir, dass es um 19h einen Cama Bus gibt, der 220,-B kostet. Platz 3 ist auch noch zu haben, also bitte ich, die Fahrt  für heute Abend klar zu machen. Ankunft ist morgen am frühen Nachmittag. So weit,  so gut. Weil sein Computer das letzte OK nicht gibt, fällt ihm ein, dass heute ein gesetzlicher Feiertag ist, und da arbeiten die Busfahrer nicht. Meinen etwas zweifelnden Blick muss er wohl so gedeutet haben, dass er zur Vorsicht in die Nachbarschaft springt, um bei seinem Reisebüro Kollegen genauere Infos zu erfragen. Eine halbe Stunde später klopft es an meiner Tür und ein etwas verlegener junger Mann meint, das Problem läge an seinem PC. Der Bus führe heute und er könne mir jetzt auch ein Ticket ausdrucken.

Um mich zu stärken vor der Abfahrt, gehe ich ein paar Eingänge weiter in eine Pizzeria. Lecker! Ich bin noch beim Essen als eine Mini Musikanten Gruppe zu Tür herein kommt. Einer der jungen Männer übernimmt - sogar auf Englisch - die Vorstellung. Sie seien reisende Musikanten, die von ihrer Musik leben möchten - auch seine Frau und das Baby, und er hoffe, dass uns ihre Musik gefällt. Während des schrägen Gesangs überlege ich, womit die Ärmsten sich denn sonst noch  Geld verdienen könnten! Da bleibt nur die Hoffnung, dass das Baby mal eine größere Begabung als Sänger zeigen wird! Trotzdem klatsche ich am Ende der Vorstellung und gebe der Mutter ein wenig Geld, aber ich glaube, ich bin die einzige.

Auf dem Rückweg von der Pizzeria mache ich sehr diskret dieses Foto. Wer genau die zur Schau gestellten Auslagen ansieht, erkennt vielleicht, dass da oben, unter anderem, ein junges Vikuna hängt - natürlich getrocknet.

 

Um 18: 30 Uhr bin ich mit dem Gepäck am Busbahnhof. Was für ein Chaos! Welche Menschenmengen! Ich finde nur mit Mühe die richtige Busgesellschaft. Jeder, den ich frage, schickt mich woanders hin. Endlich! 

Der Bus fährt kurz nach 20h aus dem Terminal, nicht ohne, dass jemand kurz vorher mit einer Liste im dunklen Bus erscheint, um zu überprüfen, ob denn alle Passagiere anwesend seien. Zwei fehlen.

Endlich geht die Reise schaukelnd und hüpfend von Schlagloch zu Schlagloch los. Wir fahren etwa eine Stunde bis wir wieder von der Hauptstaße abbiegen, um in der Oberstadt von La Paz noch Leute abzuholen. Und wieder fährt der Bus nicht weiter. Plötzlich springt eine ältere Frau von ihrem Sitz auf, geht zur Treppe und schreit, dass der Bus abfahren soll, sofort. Wir  hätten schon zwei Stunden Verspätung, und sie hätte für  ihr Ticket so viele Dollar bezahlt! Jetzt kommt eine zweite laute Stimme aus der Fahrerkabine ins Spiel, und fragt, seit wann die Passageros über die Abfahrtzeiten zu entscheiden hätten! Das Theater geht noch eine Weile weiter, auch versehen mit Kommentaren der Mitreisenden.

Wir bleiben so lange stehen, bis eine Frau in Andentracht mit ihtem Sohn einsteigt. Sie gibt auch Erklärungen für ihre Verspätung ab, die kann ich aber leider nicht mit meinem poco Spanich verstehen.

Eigentlich ist es ja sehr nett, wenn eine Busgesellschaft auf die Passagiere wartet, Das liegt sicher an dem scharfen Wettbewerb.

Sonst ist nichts passiert, ausser, dass es die ganze Nacht und noch am Vormittag regnet und der Regen munter in den Bus läut. Ich bin froh, dass ich meinen Anorak über mir ausbreiten kann.

In Santa Cruz falle ich einem berügerischen Taxifahrer in die Hände, der den dreifachen Preis nimmt! Aber ab dann ist alles wunderbar. Das Hotel ist zauberhaft, hat heißes Wasser, einen Pool und jede Menge Kopfkissen. Für das Frühstück gibt es ein extra Häuschen, das im Garten steht. Trotzdem werde ich nur eine Nacht hier bleiben. Eine Gute wünsche ich euch allen.

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