Unterwegs

Und der schrille Morgenpfiff um 6 Uhr heißt so viel wie: "Liebe Passagiere, kommt bitte zum Frühstück."

Was erwartet uns nach dem  Aufschrecken? Ein weiches Brötchen. Wer mag, kann es mit Margarine bestreichen. Wer früh genug los stürmt, hat Chance, etwas in der Rührei Schale zu finden. Dazu gibt es süßen Kaffee, wahlweise mit Milch.

An den ersten beiden Tagen flitze ich mit nach unten. Die Zahnbürste hat einen gemütlichen Platz in der Nähe meines Passes gefunden. Damit habe ich alles Wichtige dabei und erspare mir einen Auf- und Abstieg auf der steilen Treppe. Am dritten Tag bietet Irina mir an, mein Frühstück mit zu bringen. Wunderbar. Dann brauche ich noch nicht einmal so früh aufzustehen! Dafür hole ich später die zweite Portion Kaffee.

Mittags, - richtig -, nach dem Pfiff, gibt es Reis, Nudeln, Bohnen, Fleisch und manchmal als Nachtisch feste, in kleine Stücke geschnittene Marmelade. Sehr lecker. Für den Abend kann ich mir die Aufzählung sparen, da wird das gleiche serviert.

Wer sich weniger für die Natur, sprich das Ufer des Flusses interessiert, kann sich vor den Fernseher schwingen. Und weil Musik das Leben schöner macht, befinden sich rechts und links vor uns, riesige Lausprecherboxen, die glücklicherweise ihren Schall nicht in unsere Richtung ausstossen.

 

Die anwesenden Kinder haben ihren Spaß miteinander. Jedes hat ein paar Spielsachen dabei und erstaunlicherweise gibt es kaum Streitigkeiten. Auch die anwesenden Babies sind mit ihrem Los zufrieden. Sobald sich das ändert, werden sie von Mama gestillt - im wahrsten Sinne des Wortes.

Wenn ich nicht über die Reling schaue, mache ich es mir liegend und lesend gemütlich. Manchmal kommt Jeff  auf ein Schwätzchen vorbei, oder Irina und ich tauschen uns über Erlebtes oder zu Erwartendes aus. Langeweile gibt es nicht.

Gegen Abend trinken wir ein Bier zusammen, mal bei Jeffs Hängematte, mal bei unserer.  Der Kiosk, der auch das Unterhaltungsprogramm bestimmt, verkauft - außer Bier - Kekse und Bonbons. Die ganz Hungrigen können sich auch einen Hamburger braten lassen.

 

Aus ein paar Wolken wird recht schnell eine Wand, die drohend über dem Land liegt. Jetzt wird es Zeit für Petrus, sich Richtung Schleusentor zu bewegen. Wir würden doch ungern auf den täglichen Guss verzichten - manchmal sogar garniert mit Blitz und Donner!

Sobald die ersten Tropfen fallen, wird die Persenning herab gelassen. Da, wo die Löcher sind, war eben noch meine Hängematte. Weil ich ungern im Nassen liege, habe ich sie vom Haken genommen.

Meistens ist der Regen so schnell verschwunden, wie er begonnen hat. Aber natürlich gibt es auch graue Tage. Kalt ist es auch dann nicht. Zum Erzählen ist das Wetter ideal! Irina hat ein Ticket für einen Flug von Iquitos nach Mexico gekauft. Sie muss am 24.1. um 5 Uhr am Flughafen sein. Ob das zu schaffen sein wird? Mit einem Fracht/Passagierschiff auf keinen Fall. Sie muss ein schnelles Boot nehmen. Sie sind teurer und haben Sitze wie ein Bus. Ob es angenehm ist, 10 Stunden zu sitzen? Aber es hilft nichts, auch nicht, dass wir plötzlich beim letzten Hafen vor unserem Ziel das Schiff verlassen müssen, um mit einem kleineren Boot nach Tabatinga zu fahren!

Das erste Boot ist nur ein Bötchen - viel zu klein für alle Passagiere. Ein zweites wird bestellt. Es kommt nach einer Stunde. Wir und unser Gepäck finden Platz und der Kapitän düst los. Jetzt haben wir einen Vorgeschmack für ein schnelles Boot. Wir fahren eine Stunde, da ist alles in Ordnung.

Nach dem Anlegen in Tabatinga besorgen wir uns ein Motorad Car mit offenem Kasten. Zwei Bretter bilden die Sitzplätze. Wir drei klettern drauf und sehen noch einen Chinesen von unserem Schiff. Für das wenige Geld braucht man seine Rucksäcke und Taschen nicht zu schleppen! Wohin wir wollen? Wir müssen zur Federal Policia, um uns den Ausreisestempel aus Brasilien zu besorgen.

Anschließend fahren wir mit einem kleinen Motorboot ans andere Ufer. Jetzt sind wir in Peru und benötigen einen Einreisestempel. Damit das Ganze nicht zu einfach wird, fängt es an zu schütten. Ich kann euch sagen, zu dritt bei Regen in einem Motor Car, das überall offen ist, macht fast keinen Spaß. Bei den ersten Tropfen hatte ich den Fahrer gebeten, das Gepäck abzudecken. Das war unser Glück! So hatten wwir später wenigstens trockene Sachen, um uns umzuziehen.

Zurück in Brasilien heißt es Abschied nehmen von Irina. Sie war eine wunderbare Reisekameradin und wir hatten viel Spaß in der Woche an Bord. Und ganz nebenbei stelle ich fest, wie schön es ist, sich in seiner eigenen Sprache auszutauschen.

 

Jetzt bleiben nur Jeff und ich übrig. Wir werden zusammen mit dem langsamen Boot nach Iquitos fahren. Es soll heute Abend losgehen. Bis dahin haben wir noch Zeit, um einen Happen zu essen und ein Bier zu trinken. Dann müssen wir auch schon mit dem Bötchen auf die andere Flussseite, nach Peru.