Aufbruch zur nächsten Flussfahrt

Diesmal ist es der Rio Napo. Ja, auf dem Napo war ich auch im letzten Jahr unterwegs. Kein Wunder, mein Ziel ist - wie im letzten Jahr, die Stadt Coca.

Die Nacht ist um 5:15h um. Offiziell. Leider hat sich der Nachtportier in der Zeit geirrt und mich schon um 3:15h geweckt.

Meine Sachen sind alle gepackt. Ich habe Zeit genug, um alle Ecken noch einmal genau zu kontrollieren. Man weiß ja nie, wozu man - in dem Fall ich - fähig ist. Irgendwo ist ein nagelneuer Badeanzug liegen geblieben und auf einer Wäscheleine in Leticia meine neue, beste, schönste Shorts. Diesmal ist alles dabei und ich kann beruhigt mit all meinem Geraffel in die Mototaxe steigen. Sie bringt mich zum Port Poa, von dem aus mein schnelles Boot um 6h losfährt.

Losfahren soll. Das ist eher richtig. Um 6h legt es an. Bis 7h wird beladen. Der Eingang ist im Bug gleich neben dem Steuerrad. Aber dann geht die Reise los.

Es wird gerade hell und wir warten auf das Boot.

Heute ist ein wunderbarer Reisetag. Wenn ich den Blick zurück auf das hohe Ufer lenke und mich an den abenteuerlichen Treppenabgang erinnere, bin ich sehr dankbar, dass ich auch dieses Mal nicht gefallen bin! Gut, dass ein junger Mann am Mototaxi gleich meine schwere Tasche auf seinen Nacken gewuchtet hat!

Bald haben wir die letzten Häuser der weltweit größten Stadt mitten im Dschungel hinter uns gelassen und erreichen nach etwa einer Stunde den Anlegeplatz.

"Anlegeplatz? Und was wollen all die jungen Männer", könnte ein Ahnungsloser fragen.

 

Sie sind die glücklichen Besitzer eines Mototaxis und wollen das Gepäck ihrer zukünftigen Kunden schleppen.

Mit dem Rucksack auf dem Buckel, dem kleinen gelben in der Hand und der Umhängetasche um den Hals, ziehe ich die schwere Tasche bis zum Aufgang. Und da naht auch schon Hilfe. Der Rest ist fast kein Problem mehr. Ich habe Glück und rutsche nicht in der Mödge aus. Und da ich wohlweislich als angemessenes Schuhwerk für diesen Trip die Schlappen ausgewählt habe, brauche ich mir auch keine Gedanken über ihre spätere Reinigung zu machen.

Auf dieser schmalen Straße können sich zwei geschickte Fahrer begegnen. Wir sind unterwegs nach Mazan, einer kleinen Stadt am Rio Napo. Sie liegt an einem schmalen Stück Land zwischen Amazonas und Rio Napo. Auf diese Weise spart man viele Kilometer, die sonst bis zur Mündung in den Amazonas zurückgelegt werden müßten. Für Abkürzungen bin ich immer zu haben!

Das letzte Stück zum Hafen hinunter schleppe ich mein Gepäck alleine. Dann erbarmt sich einer.

Dieses letzte Hindernis bewältige ich ohne die Reisetasche. Was für ein Glück!

Und dann liegt da auch schon unser Boot, mit dem wir die nächsten zwei Tage unterwegs sein werden.

Der Einstieg ist wieder über den Bug. Das sperrige Gepäck wird hinten gestapelt. Zu guter Letzt bleiben auch einige Teile gleich vorne stehen oder werden unterhalb des Steuerrades deponiert.

Um 9h geht die Fahrt los. Bis dahin habe ich noch eine Stunde Zeit. Ich muss unbedingt etwas essen und laufe zurück zu dem großen Markt. Nach längerem Suchen finde ich einen Stand der Kaffee verkauft. Brot mit Butter gibt es auch. Davon nehme ich noch eins für unterwegs mit.

Wir brausen pünktlich los. Zur Besatzung des Boots gehören zwei Männer, ein Kapitän und ein fähiger Schiffsjunge. Sie führen genaue Listen über ihre Passagiere. Besonders wichtig ist dabei, dass das Ziel der Reise genannt wird. Ansonsten wird nur gehalten wenn jemand am Ufer sich mit einem wedelnden Tuch bemerkbar macht.

Das Bootsinnere ist ähnlich wie in einem  Bus. Die Sitze sind sehr komfortabel. Eine Toilette befindet sich im Heck gegenüber diverser Reservekanister für Treibstoff. Sie hat die Ausmaße eines  nicht ganz hohen Kühlschranks. Mein Glück ist, dass ich sie in den zwei Tagen nur einmal aufsuchen muß. Noch größer wäre mein Glück gewesen, wenn mir das eine Mal erspart geblieben wäre!