Von Santa Rosa nach Iquitos

Den gleichen Weg, den  wir vorhin mit Irina gelaufen sind - über Planken und wackelige Bretter - geht es jetzt zurück zum Bootsanleger. Jeff und ich fahren mit einem Peke Peke zu unserem Frachtschiff, das auf der peruanischen Seite liegt.

Jeff hält schon Ausschau nach unserem nächsten Transporter!

Und da liegt er auch schon, in seiner ganzen Pracht!

Die vier Türen im mittleren Deck gehören zu den Dusch - Toiletten. Ich kann schon jetzt verraten, dass ich auf diesem Schiff auf das Duschen verzichtet habe, was leider bei der Nutzung der Toiletten nicht möglich war.

Unsere Hängematten hängen wir im oberen Deck auf. Bei unserer Ankunft gegen 16 Uhr haben wir noch jede Menge Auswahlmöglichkeiten. Schon am nächsten Morgen suchen wir uns einen anderen Platz. Die Idee, möglichst weit am Heck zu schlafen, war keine gute: Der Schornstein zeigt es, hier ist es am lautesten vom ganzen Schiff! Ich habe mir die Ohren mit Tempo - Kügelchen zugestopft, leider erfolglos!

 

Eins der schnellen Boote rauscht an uns vorbei. Ob wohl Irina an Bord ist? Ich winke heftig - sicher ist sicher - und wünsche ihr in Gedanken eine gute Fahrt.

Da unser Schiff erst um 18 Uhr "in See sticht", machen Jeff und ich noch einen kleinen Einkaufsbummel. Ich habe vergessen Wasser zu kaufen und Jeff meint, nichts ginge über eine Flasche "Schluck".

Wenn die Nacht schon nicht angenehm war, hilft sicher ein wunderbares Frühstück.

Unser Boot legt an. Wir haben 2 Stunden Zeit bis zur Abfahrt. Ich sehe das Schild mit der Aufschrift Restaurant. Das ist unser Ziel und tatsächlich bekommen wir heißes Wasser, eine Dose Puderkaffee von Firma Nestle,- wer die Trockenmilch in der anderen Dose fabriziert hat, kann ich nicht sagen. Auf Zucker verzichten wir beide. Außerdem bestellen wir je ein gebratenes Ei und ein Brötchen. Versuchen kann man es ja mal! Und was bekommen wir? Ein fertiges Brötchen mit einem gebratenen Ei als Einlage. Das wird in die "Quetschemaschine" gesteckt und ist ruckzuck warm und lecker. Und weil nichts über ein Frühstück mit einem Glas frisch zubereiteten Saft geht, bestelle ich den auch noch. Ein alter Mixer ist zur Hand, aus dem Tiefkühler wird er mit einem Schöpflöffel voll Obststückchen gefüllt und schon rappelt er los.

Lecker!

Bester Laune verlassen wir das schlichte Restaurant und laufen die vielen Stufen hinunter zu unserem Schiff. Das gibt es doch nicht. Wir haben noch mehr als eine Stunde Zeit bis zur Abfahrt und die Jungen sind gerade dabei, die letzte Planke vom Ufer zu entfernen! Da haben wir aber Glück gehabt!

Später stellt sich heraus, das wir nur schnell zwei Kühe abholen und dann noch einmal anlegen. So kann es jemandem wie mir ergehen, der nicht genügend Spanisch spricht.

Außer den beiden Kühen transportieren wir Schweine. Irgend jemand muß ihnen geflüstert haben, dass es zum Schlachter geht, da sie höchst ungern an Bord wollen. Tierliebe geht den Arbeitern ziemlich ab. Einige sind mehr als grob.

Die Männer in den kleinen Ansiedlungen arbeiten hart und verdienen sicher nicht viel. Alles außer den mit Fisch und Eis gefüllten Kisten, muß per Muskelkraft an Bord gebracht werden. Ob es Holzplanken,  mit Früchten gefüllte Säcke, Kochbananenstauden, volle Kisten, schwere Kartons, alles was an Bord kommt, wird geschleppt.

Wenn hiesigen  Männern erzählt würde, dass andere am Feierabend in die "Muckibude" gehen, wären sie sicher erstaunt. Sie sind auf jeden Fall so gut im Training, dass sie meine schwere Tasche ohne Mühe auf ihre Schulter werfen und damit los stürmen.

So schippern wir dem Abend entgegen. Die unlängst noch volle Flasche ist schon merklich leerer geworden. Wir verdünnen den Cachaca mit Inka Cola. Davon habt ihr noch nichts gehört? Macht nichts, ich vorher auch nicht. Ohne Schnaps schmeckt es furchtbar, aber in dieser Kombination könnte ich mich daran gewöhnen.

Drei Nächte und zwei Tage vergehen sehr schnell. Zu meiner großen Überraschung kommem wir morgens früh in Iquitos an. Vergessen sind die Wanderungen über steile Treppen in das untere Deck, um mit dem aufgeklappten Computer die Toilette zu finden. Nachts gibt es kein Licht an Bord. (Wie gut, dass mir fast immer eine Lösung für meine Probleme einfällt)

Einer der Moto Car Fahrer steht schon oben an Deck und bietet seine Dienste an. Prima, dann kann er gleich die schwere Tasche nehmen. Den Rucksack auf den Rücken, den Beutel mit der Hängematte in eine Hand und so kann ich ohne zu fallen, das letzte Mal diese Treppe hinunter steigen, noch einmal über ein schrägliegendes Brett ballancieren und wieder festen Boden unter den Füßen spüren.

Wir lassen uns zuerst zu Jeffs Hotel fahren. Der hat es gut, der weiß den Namen noch! Aber ich finde meins auch wieder. Es ist erst ein Jahr seit meinem letzten Aufenthalt in Iquitos vergangen und Dank der Wegbeschreibung stehen wir sehr schnell vor dem El Dorado. Alles ausladen, hochtragen, Moto Car bezahlen - und schon kommt das dicke Ende: das Haus ist ausgebucht. Aber auch dafür gibt es eine Lösung. Einen halben Block weiter wird mir ein Hotel empfohlen. Ein Angestellter lässt es sich nicht nehmen, mich zu begleiten. Das Zimmer ist in Ordnung, es gibt einen Internetanschluss,  kaltes Wasser, was will ich mehr!

Jeff und ich haben schon auf dem Boot Pläne gemacht: Ich renne als erstes zum Waschaus und er läßt sich den Bart abrasieren. Ich kümmere mich um Geld und er sucht einen Flug nach Cusco. Um 15 Uhr wollen wir uns am Malecon, der Promenade, treffen.

Alles klappt vorzüglich. Die Wäsche dreht ihre Runden in der Trommel, der Bart ist ab, Meike schickt mir Geld zu Western Union, und das Ticket steckt in Jeffs Tasche.

Wir verbringen bei eiskaltem Bier ein paar letzte Stunden  in Iquitos. Ich habe das Vergnügen, ihm in kurzer Zeit etliches zu zeigen, was er bei seinem einwöchigen Aufenthalt vor drei Wochen nicht gesehen hat. So haben wir beide unseren Spaß. Er wird nie wieder nach Südamerika reisen. Als Optimist hat er angenommen, dass er unzählige Menschen treffen wird, die Englisch sprechen können. Falsch gedacht. Dazu kommt, mein lieber Jeff, dass, falls Du einen triffst, er oder sie Schwierigkeiten haben wird, deinen Yorkshire Dialekt zu verstehen!!

Ich wünsche Dir viel Spaß auf deiner Weiterreise. Wir haben viel zusammen gelacht. Fast hätte ich mich an dein Englisch gewöhnt! Ab jetzt reise ich wieder alleine weiter.