Medellin

Was für eine Fahrt! Ich komme statt um 7 Uhr morgens um 10 Uhr an. Ich habe tausende von Buskilometern hinter mir, aber solche Strecken wie diese durch die Anden, sind schon etwas Besonderes. Ich werde während der 552 Km in unzähligen Kurven hin und her geworfen. Trotzdem bin ich eingeschlafen!

Einen Vorteil hat die Verspätung: Ein paar Stunden sind wir im Hellen unterwegs und ich kann wenigstens einen Teil der überwältigenden Landschaft sehen. Warum ich nachts gefahren bin? Es gibt keinen Bus, der am Tag fährt.

 

Wir sind fast am Ziel!

Am Busbahnhof suche ich die Info auf und habe großes Glück, dass die junge Frau am Counter nicht nur die Stadt kennt wie ihre Westentasche, sondern auch Englisch spricht. Als ich ihr erzähle, dass ich so weit gefahren bin, um mir all die grandiosen Lösungen bei Verkehrsproblemen anzusehen, die Medellin zur fortschrittlichsten Stadt in der Welt gemacht haben, bedankt sie sich.

Bewaffnet mit einem Stadtplan, der auch Übersichten der verschiedenen Verkehrsmittel zeigt, lasse ich mich von einem kleinen Taxi zum empfohlenen Hotel bringen.

Villa Real hat einen Raum mit Fan, der meinen Preisvorstellungen entspricht. Stimmt genau, das Geld ist fast verbraucht und ich will auf gar keinen Fall wieder ohne Essen, Trinken und Taxifahren sein, wie vor ein paar Tagen.

Meine erste Sorge gilt einem neuen Geldsegen. Ich schreibe Meike eine Mail mit allen Angaben die sie benötigt, um Dollar zu einer Western Union Agentur zu schicken. Sie antwortet sehr schnell, dass sie und Tobi in der Alten Oper seien, aber sobald sie wieder zu Hause wären, das Geld - Dank Internet - auf den Weg brächte.

Welch ein Glück, dass wir fünf Stunden Zeitdifferenz haben! So kann ich noch am gleichen Tag mein Geld in Empfang nehmen.

Ganz so einfach ist es denn doch nicht. Die Dame am Schalter, die meinen Pass kontrolliert, ist sehr irritiert. Sie ruft - vermute ich - ihren Vorgestzten an. Leider können wir uns nur schwer verständigen. Mittlerweile sind  in der Agentur alle Stühle mit Wartenden besetzt. Ich frage, ob einer Englisch spräche  und mir helfen könne. Glück gehabt. Ein junger Mann springt sofort auf und läßt sich erklären, um was es geht. Mein Pass! Ich bin Deutsche und habe einen Pass, der in Rio de Janeiro ausgestellt ist. Da kann doch etwas nicht stimmen! Der junge Mann gibt meine Erklärungen weiter, ich schiebe ihr noch die Polizeiberichte von Manaus zu und dann - endlich - bekomme ich zwar keine 500,- USD sondern sehr, sehr viele COPs. Egal, Geld ist Geld. Mit einem herzlichen Dankeschön an meinen Helfer kann ich die Agentur als sehr reiche Frau verlassen.

Während ich in einem Straßencafe frühstücke, beobachte ich den Verkehr.

Ein Müllauto fährt vor. Der Fahrer bimmelt mit einer großen Glocke, die vor seinem Fenster hängt. Die Restaurantangestellten bringen die Tonnen an die Straße, die Müllmänner leeren sie und die Tonnen werden sofort wieder entfernt. Am Müllauto steht, dass es mit Gas fährt.

Für Fahrradfahrer gibt es für jede Richtung je eine Spur,  auf  nur einer Straßenseite .

Was mir sehr gut gefällt sind die kleinen "Stecker", die die Straße begrenzen. Sie haben oben Löcher, durch die auch Seile gepannt werden könnten. Kein Autofahrer käme auf die Idee, sich auf Fahrrad- oder Fussgängerweg zu stellen!

 

Jetzt probiere ich die Metro aus. Ich will ins Zentrum fahren. Meine Station liegt am  Stadion Das kann ich mir leicht merken, denn irgendwann geht es ja auch wieder zurück und ich bin eine notorische Richtungsverwechslerin, was ich mir am Abend noch einmal beweise. Aber durch Fehler lernt man ja bekanntlich.

Und so sieht das von oben aus. Die Fahrgäste haben einen wunderbaren Ausblick. Die Bahn fährt nicht zu schnell, sodass sich Fahrgäste zu Stoßzeiten nicht aneinander festkrallen müssen, um nicht um zu fallen. Haltestangen senkrecht und waagerecht sind vorhanden, sowie rechts und links Sitzreihen, ungepolstert aber bequem. Die mittleren Spuren sind für die Schnellbusse vorgesehen. Das langgestreckte Gebäude hinter den Zebrastreifen ist der Ein- und Ausstieg.

Ich steige die vielen Stufen wieder hinunter. Und was ist mit den Rollstuhlfahrern oder anderen Verkehrsteilnehmern mit Einschränkung?

Seht ihr die vielen kurzen Busse? Sie sind wie die kleinen Taxen wendig und nehmen nicht viel Platz ein. Menschen die arbeiten möchten, zum Beispiel als Fahrer, gibt es genügend!

Das sieht mir sehr nach einem stabilen Treppenlifter aus, der auch einen Rollstuhl transportieren kann. Im Inneren der Stationen gibt es einen Aufzug.

Wer mich kennt weiß, dass ich in jedes historische Gebäude stürme, um es mir anzusehen.

Der Ausblick auf den Platz ist umwerfend! Hier stehen etliche der überlebensgroßen Plastiken des zeitgenössischen Künstlers Fernando Botero.

Ob bei Plastiken oder Bildern, Botero liebt es üppig und gedrungen!

Die Plaza ist ein Publikumsmagnet, auch oder gerade für Touristen.

Hier gibt es sogar Kunst zum Anfassen, oder anders gesagt, hier kann Mann in der Öffentlichkeit ungestraft  seine Hand auf einen nackten Po legen!

Den Rest des Nachmittags verbringe ich im Museo de Antioquia, bis ich um 17 Uhr völlig geschwächt bin von all der Kunst, die ich mir angesehen habe. In der Botero Abteilung, in der die fantastischen Bilder und Plastiken ausgestellt sind, die er zusätzlich zu denen auf der Plaza seiner Heimatstadt gestiftet hat, bin  ich am längsten. Jetzt ist es genug, ich muß duschen und essen - unbedingt.