10 Tage Bogota!

Wer hätte das gedacht. Nach dem Umzug in ein preiswerteres Hotel gebe ich das meiste Geld für Taxifahrten aus. Am ersten Tag hat es mit der Busfahrt geklappt - jedenfalls auf dem Hinweg. Mein zweiter Versuch ist zu einer Irrfahrt ausgeartet. Jch habe mich wieder einmal in der Richtung geirrt und bin statt im Zentrum fast am Flughafen gelandet. Es ist nicht einfach mit mangelhaften Sprachkenntnissen Hilfe zu erhalten. Aber irgendwie schaffe ich es immer. Ein grüner Zubringerbus bringt mich zu der Station, von der der Transmilenio Bus abfährt.

Hier kaufe ich eine Karte, die ich nach langer Wanderung in einen Automaten stecke, der mich auf den Bussteig läßt, wie in Frankfurt bei der S-Bahn.

Wenn du dir den richtigen Bussteig erfragt hast, fehlt nur noch die Nr. des Abschnitts, an der dein Bus hält. Erkennst du den gelben Balken hinter der Blindenhilfe? Genau an der Stelle wird an dem haltenden Bus die Tür geöffnet, sodass du ohne Höhenunterschied einsteigen kannst. Die Transmilenio Busse fahren auf eigenen gut ausgebauten Spuren. Sie werden nicht durch andere Verkehrsteilnehmer behindert. An Sonn- und Feiertagen fahren die roten Transmilenios nicht. Dann gehören die Busspuren den Fahrradfahrern. Das System hat mich sehr beeindruckt.

Für den Rückweg verzichte ich auf mein neugewonnenes Können. Ich wüßte nicht wo ich aussteigen muß. Dann nehme ich lieber doch ein Taxi und starre wie gebannt auf den Zähler. Das kann dauern bei dem Verkehr!

ich habe schon vieles entdeckt was nicht meiner vorgefaßten Meinung entspricht. Aber die grenzenlose Armut und Hoffnungslosigkeit eines Teils der in Bogota leben Menschen habe ich mir weniger schlimm vorgestellt. Warum sonst müssen sie Müllsäcke aufreißen um nach Verwertbarem zu suchen. Ich habe heute einen Mann auf einem Müllhaufen liegen sehen. Er sah aus, als gehöre er da hin, menschlicher Abfall  eben. Damit kann ich mich nicht abfinden. Städte, die 7 Millionen Menschen beherbergen müssen, sind in meinen Augen unregierbar.

Heut habe ich Sparsamkeit gelobt, habe genau die Fahrtrichtung bedacht, bis mein Bus nach ein paar Kilomtern von der richtigen Straße abbiegt und nach links fährt. Wer weiß, wo der wieder landet. Ich steige schnell aus. Gut, dass ich noch nicht bezahlt habe. Der Bus ist so durch die Schlaglöcher gehüpft, dass ich nicht wagen konnte aufzustehen, um dem Fahrer das Geld zu bringen. Ich laufe ein paar Schritte - um dann ein Taxi anzuhalten, das gerade an mir vorbei fahren will.

Bei dem ersten Passanten, der mir auf dem Weg zum Frühstück begegnet, denke ich noch: " Schade, so ein gut aussehender Mann und dann dieser dunkle Fleck auf der Stirn!" Als sich das ständig wiederholt, das mit dem dunklen Fleck, erkenne ich, dass nur einige einen Fleck haben. Bei den meisten ist es ein schwarzes Kreuz. Dann dämmert es auch bei mir:  Heute ist Aschermittwoch! Die meisten Menschen in Südamerika sind gläubig. Ich sehe sehr viele - auch Männer, junge Männer, die zu Gebeten in die Kirchen gehen.

Jetzt weißt du auch, warum ich dieses Foto  ausgewählt habe. Der Passant trägt stolz sein Asche Kreuz.

Ich mag Kunst, egal wo und wie. Ich gehe ins Museum, lass mich von  dramatischer - farbenfroher - witziger Street Art einfangen und liebe es Malern, die auf der Straße arbeiten, zu zuschauen. Liebe Claudia, der helle Fleck in der Mitte, sieht in Wirklichkeit nicht so krass aus. Den hat wahrscheinlich die Fotografin verursacht.

 

Wir sind wieder an der Plaza de Bolivar. Mir fallen zwei Polizisten auf - einer ist mir leider entwischt. Das macht aber nichts, weil sie gleich aussehen. Mir gefällt, dass sie so auffallend sind - und modisch up to date. Neongrüne Weste, neongüner Helm und ein neongrünes Fahrrad! Hilfebedürftige Passanten entdecken sie sofort und die bösen Buben überlegen noch einmal kurz, ob sie der Frau das Geld aus der Tasche klauen!

Plätze gibt es wie Sand am Meer. Es ist fast Mittagszeit und es herrscht ein reges Treiben. Da wird der Saft - und Fruchtverkäufer wohl auch ein Geschäft machen können. Aus hygienischen Gründen trägt er sogar einen Handschuh an der Hand, mit der er die Frucht trägt. Ich kaufe trotzdem nichts. Ich kann auf gar keinen Fall Durchfall brauchen!

Wohin ich eigentlich unterwegs bin? Richtig. Ich muss unbedingt noch einmal ins Museum gehen. Ich will Leopoldo Richter noch einen Besuch abstatten und mich anschließend an Fernando Boteros Werken erfreuen.

Erinnert ihr euch? Das Paar tanzt in Medellin  riesengroß an einer Hauswand.

Bildunterschrift:  "Der Brief"     1976

                                                                                     Naranhas       1997

Liebe Claudia, dieses Bild habe ich ganz besonders genau betrachtet. Du hattest deinen Schülerinnen vor einigen Monaten die Aufgabe gestellt, einen Obstkorb auf rotem Samt zu malen. Ich kann mich dunkel erinnern, wie mein "Lappen" anschließend aussah!

 

Natürlich habe ich nicht nur Botero genossen, sondern viele Werke von Europäern angeschaut, die uns allen vertraut sind, angefangen bei Picasso, Beckmann, über Renoir, bis Chagall, um nur einige zu nennen.

 

Ich glaube, morgen oder übermorgen fahre ich noch einmal ins Centro und schaue sie mir an. Aber jetzt muß ich schlafen!