Belem, fremd und doch vertraut

Es ist das vierte Mal, dass ich in Belem bin. Bei unserem ersten Aufenthalt sind Heini und ich mit dem Frachtschiff von Manaus gekommen. Unser Hotelfenster ließ uns das Theater sehen. Unsere Entdeckungsmärsche führten uns an das Flußufer, das, touristisch aufgemotzt mit Hilfe alter Kräne und renovierter Lagerhallen, zu neuem Leben erwacht war.

 

So ist es auch heute noch. An den Wochenenden brummt der Bär. Wochentags sind die Terassen vor den zahlreichen Restaurants leer. Das mindert nicht die Attraktion des Flussufers.

Es ist  Regenzeit.

Der Fluss, breit wie ein Meer, erwartet den nächsten Schauer.

 

Was gibt es Schöneres als auf einer Terasse am Wasser zu sitzen und köstliche Bällchen mit eingebackenen Krabben zu genießen. Um ihnen die nötige Schärfe zu geben, genügen ein paar Tropfen des Tasseninhalts. Um den Genuß perfekt zu machen, gibt es dazu ein frisch gezapftes Bier. Und wenn ich nicht gerade esse, trinke oder in der Gegend herum schaue, lese ich im Kindle einen der spannenden Krimis. Das ist ja schon wieder Urlaub!

Vom Hotel aus laufe ich 1,5 Stunden bis hierher. Auf dem Hinweg brennt die Sonne so heiß wie sie kann. Ich schütze mein altes Haupt mit Hilfe einer historischen Kopfbedeckung. Man kann das gehäkelte Strohding zusammen rollen und verpacken. Vor dem Aufsetzen zuppel ich es auseinander und ziehe es je nach Sonneneinstrahlung in die richtige Position. Sitzt oder hängt immer richtig. Und wie ich aussehe? Egal - hier kennt mich keiner.

Belem ist eine alte Stadt, jedenfalls was Südamerika betrifft. Der Palacio, der sich auf dem Foto befindet, ist wahrscheinlich aus der guten alten Zeit der Gummibarone übrig geblieben. Als die Dampfschiffe erfunden waren, ging der Handel und damit der grenzenlose Reichtum der Gummihändler erst richtig los. Belem hatte und hat den großen Vorteil, dass selbst jetzt, da diese Quelle des Reichtums lange versiegt ist,  Handel getrieben wird.  Verwaltungen und Banken aller Art werden benötigt, Schulen und Universitäten tragen zum Wohl der Bevölkerung bei. Belem ist die Hauptstadt des Bundeslandes Para und hat 1.5 Mio Einwohner.

Viele der historischen Gebäude stehen noch. Manche sind saniert. Das Gros gammelt seinen letzten Stunden entgegen. Wann die kommen werden? Ich nehme an, das hängt von dem Wert des Grundstücks ab. Ich bin an Häusern vorbeigekommen, die eher heute als morgen zusammenfallen werden, also kein Fall für den Denkmalschutz mehr sind. 

Links vom Palacio sind moderne Bauten zu sehen. Die werden die Zukunft auch dieser Stadt sein, irgendwann wahrscheinlich flächendeckend.

Jetzt hat Belem in meinen Augen noch nicht alles an eine Goldgräberstadt Erinnernde verloren. Große, kleine, schmale, breite, hohe, niedrige, verrottete, moderne Gebäude stehen einträchtig nebeneinander. Jeder Hausbesitzer ist für sein Stück Bürgersteig selbst verantwortlich. Das Gemeinsame ist ein Streifen für Sehbehinderte. Ich bin sehr froh, dass ich noch gut sehen kann, jedenfalls wenn ich den Blick senke und schaue, wohin ich trete. Sonst wäre ich sicher schon öfter als das eine Mal gestürzt!

Ein ganz besonderes Highlight meines Aufenthaltes in Belem ist der Besuch des Thetros da Paz. Ich habe das Glück eine Karte  für das Konzert des Symphonie Orchesters von Belem bekommen. Ein gedrucktes Programm liegt noch nicht vor. Ich lasse mich überraschen!

Und es wird eine Überraschung!

Einlass ist kurz nach 19h. Nur wenige Menschen warten gespannt, dass das Gitter geöffnet wird. Dann ist es soweit, wir dürfen eintreten.

Ein überaus beliebter Platz um Erinnerungsfotos zu schießen, ist die Treppe, beleuchtet vom Kronleuchter. Diese beiden jungen Leute überprüfen gerade ihr Werk.

Weil ich mich erinnere, dass das Finden des richtigen Platzes für Nicht - Brasilianer kompliziert ist, bitte ich eine der Empfangsdamen um Hilfe. Sie begleitet mich zu meinem Sitz. Danke.

 

Um 20:30 beginnt das Konzert. Bis dahin sind alle Plätze, bis auf einige in den Logen, besetzt. Wir hören Musik von Johann Strauss, Franz v Suppé, C.O. Nicolai und zum Schluss wieder von Johann Strauss. Der Dirigent Miguel Campos Neto treibt sein Orchester zu Höchstleistungen an. Wir klatschen und schreien Bravo und bekommen Zugabe auf Zugabe. Was für ein Abend! Ich beschließe ihn in der Nachbarschaft - wo sonst - mit einem letzten Caipirinha in Belem.

 

Meine Zeit in Belem endet am 12.12. 18 gegen 18h. Eine Stunde vorher soll ich am Hafen sein. So war es auch im letzten Jahr. Ich habe gewartet und gewartet bis endlich mein damaliger "Schlepper" kam, mich in ein Taxi verfrachtete und meinte, das Schiff könne mich leider nicht hier abholen. Genauso wird es auch heute sein. Das Beladen des Schiffs dauert immer länger als erwartet und ich bezweifel, dass es jemals vom offiziellen Hafen aus abgefahren ist. We will see. Spätestens in Manaus kann ich darüber berichten.