Nicht nur die Stadt Puebla ist sehr alt, sondern auch das Hotel in dem ich wohne. Es ist 1602 gebaut worden als erstes Theater der Stadt. Ich bin beeindruckt. Natürlich wird es im Laufe der Jahrhunderte Umbauten gegeben haben, aber der Eingangsbereich mit dem opulenten Brunnen kann schon alt sein.
Alejandro, dessen Heimatstadt Puebla ist, hat mich schon über Vorzüge gegenüber Mexico City informiert. Unter anderem macht die Kathedrale dort Werbung damit, dass sie zwei Orgeln habe. Ich habe bei meinem Besuch hier sogar drei gesehen! Zugegeben, die dritte ist ziemlich klein. Dafür ist sie die Älteste.
Ein Unterschied ist deutlich zu sehen beim Vergleich der beiden Hauptplätze. Der Zocalo in Mexico City ist riesengroß und kahl, und der von Puebla hat große schattenspendende Bäume und Bänke wie ein Park.
Hallo Alejandro, ich will dir sagen, dass deine Stadt mir sehr gut gefällt, aber heute nicht mehr mit Mexico City zu vergleichen ist. Nicht traurig sein!
Als ich mit dir überlege, welche Städte ich mir auf meiner Weiterreise ansehen muß, kommen deine Vorschläge: Oaxaca und San Cristobal de las Casas. Du meinst, ich müsse unbedingt auch Orte kennen lernen, in denen das Gros der Bevölkerung aus den Nachfahren der Mayas, wie zum Beispiel in San Cristobal, bestehe.
Ich kann dir gar nicht genug danken!
Als erstes fahre ich nach Oaxaca. Auch dieses Mal entscheide ich mich für eine Unterkunft im historischen Teil der Stadt. Von hier aus kann ich die Straßen durchstreifen und mir Museen, Kirchen, Parks ansehen, die auf meinem Weg liegen. Es ist heiß. Gut, dass immer auf einer Straßenseite Schatten ist.
In einem Museum schaue ich mir etliche Arbeiten an, die von je einem Künstler und einigen Handwerks - Künstlern ausgeführt sind. Das Gemeinsame ist, dass alle in den Beschreibungen ihrer Arbeit darauf hinweisen, wie sehr sie davon profitiert haben, andere Sichtweisen kennen zu lernen. Sie würden gern in einem neuen Projekt die gemeinsame Arbeit fortsetzen.
Viele Stunden habe ich im Instituto de Artes Graficas verbracht, in dem Bildbände über Künstler weltweit beisammen stehen. Es reiht sich Raum an Raum mit gefüllten Bücherregalen. Ein Paradies!
Mit Hilfe eines Mitarbeiters finde ich einen dicken Band über Frida Kahlo. Mehr über ihr Leben und ihre Bilder zu erfahren ist wunderbar und die Zeit vergeht wie im Flug!
San Cristobal de las Casas erreiche ich nur mit einem Nachtbus. Dann soll es auch besonders bequem sein. Ich kaufe ein Ticket erster Klasse und schlafe sogar!
Ein Taxi bringt mich schon morgens vor 7 Uhr zum Hostel. Alles flüstert. Offensichtlich gibt es neben der Rezeption Schlafzimmer und niemand soll gestört werden.
Das Personal, das die Zimmer verteilt, kommt erst um 8 Uhr. Das macht gar nichts. Hier sind genügend gemütliche Sitzplätze.
Mein Zimmer ist in der ersten Etage und schaut auf einen Patio. Ich sehe Hängematten und andere gemütliche Sitzmöglichkeiten. Die Pousada ist historisch, wie das ganze Städtchen.
Als nächstes brauche ich dringend ein gutes Frühstück.
Und es ist sogar ein sehr gutes! Weil Rosas Küche der Mittelpunkt des Hauses ist, esse ich gleich hier. Hier geht es zu wie im Taubenschlag. Die drei Barhocker vor dem Küchentresen sind immer besetzt. Ich bin so glücklich, mich endlich wieder zwanglos mit Leuten unterhalten zu können!
Den ersten Gang durch den Ort unternehme ich in Richtung einer kleinen Kapelle, die ich auf einer Anhöhe entdecke.
Jede Bank ist gut genug, um mich für ein paar Minuten auszuruhen. Ich merke schon, dass ich die Nacht im Bus verbracht habe!
Ich stoße auf einen wunderbaren Markt, auf dem Frauen ihre kunstvoll bestickten Blusen, Kleider oder Taschen anbieten. Hier könnte ich viel finden. Ich bräuchte allerdings zwei Esel: einen Goldesel und einen Packesel. Da beide nicht zu beschaffen sind, kaufe ich nur eine kunstvoll mit der Hand bestickte Umhängetasche als Ersatz für meine Zusammengeklebte, die langsam aber sicher ihren letzten Tagen entgegen geht.
Die alte Dame hat meine Tasche gearbeitet.
Sie wird seit ihrer Kindheit, wie alle anderen indigenen Frauen, gestickt haben, Die traditionellen Muster und Farben werden von Generation zu Generation weitergegeben. Ganz typisch ist ihr Haarschmuck. Bommeln und Troddeln sind als schmückendes Beiwerk nicht nur an Haaren oder Ketten zu finden, sondern auch an Taschen. Überall, wo noch der letzte Pfiff fehlt, kommt ein Wollbällchen ins Spiel- oder auch zwei.
Dieses Bergstädtchen hat es mir besonders angetan. Es ist alles da, was einen Ort mit spanischer Vergangenheit haben muss: einen zentralen Platz, an dem sich Kathedrale und Stadtverwaltung befinden, Arkaden, um die Hitze für Passanten erträglicher zu machen und ein in Quadrate gegliedertes Straßennetz. In kleinen Städten mit engen Straßen, gibt es nur Einbahnverkehr. Mir gefällt das. Mir gefallen auch die zur Straße hin schlichten Häuserreihen, die sich nach hinten oft genug zu einem Patio öffnen. Heute bin ich in einen Garten gelockt worden, der so einladend war, dass ich mich am liebsten in einen der beiden Liegestühle gelegt hätte. Hinter ihnen blüht Lavendel - unter anderem. Aber ich suche einen Platz zum Essen. Und weil es so schön ist, kurz vor 5 Uhr noch angenehme Sonnenwärme zu spüren, bestelle ich außer dem Essen auch ein Glas chilenischen Wein. Warum trinke ich keinen hiesigen Wein? Weil es den nur als ganze Flasche gibt!
Das Ticket für die Weiterreise nach Chetumal habe ich schon in der Tasche. Damit ich morgen etwas zu schleppen habe, sind noch zwei Bücher dazu gekommen. Wenn ich schon durch Zeitmangel so viele Ausgrabungen links und rechts meines Weges habe liegen lassen, will ich mir wenigstens die Fotos des Verpassten anschauen. Und wer weiß, vielleicht komme ich nächstes Jahr mit Begleitung zurück!